Interview mit Krimiautor Ulrich Hefner
Bernd Nader, Buch und me(h)r.
Ulrich Hefner, Sie sind Krimi-Autor. Ihre Bücher um Hauptkommissar
Trevisan laufen sehr gut und erhalten zum Teil hervorragende Kritiken. Wie sind Sie Krimi-Autor geworden?
Ich bin Autor, besser gesagt, nenne ich mich so, aber das erste Buch, das von
mir veröffentlicht wurde, war kein Krimi. Es war ein historischer Roman, der den
Bauernkrieg vor beinahe fünfhundert Jahren im Süden Deutschlands als Hintergrund hat. Das
Buch machte unheimlich Spaß, d.h. die Recherchearbeit und das Schreiben, denn der wahre geschichtliche
Hintergrund musste passen. Krimis schreibe ich, weil ich sie selbst gerne lese und weil ich über die
Krimis von Mankell zum Schreiben kam.
Eigentlich sind Sie Polizeibeamter, rührt daher ihr Hang nach dem Krimi-Roman?
Ich gebe zu, als Polizeibeamter hat man im Genre Krimi - vor allem
dem Polizeikrimi, wie ich ihn mit der Trevisan-Serie schreibe, - einige Vorteile
vor den Kollegen. Man weiß, wie die Polizei ermittelt, über welche Hilfsmittel und
technischen Möglichkeiten sie verfügt und wie man einen Mordfall bearbeitet und was am
Ende dabei herauskommt. Dafür müssen andere Autoren (Nichtpolizisten) manchmal ganz schön kräftig recherchieren.
Wirken ihre Romane deswegen so real?
Das mag vielleicht ein Grund sein, der andere ist sicher, dass ich die Romane
gerne an die Realität anpasse. Authentizität ist ein wichtiger Bestandteil, um den
Roman und den Handlungsstrang spannend auf den Leser wirken lassen zu können. Ich glaube,
wenn dem Leser einen Teil der Handlung für unrealistisch empfindet, dann leidet darunter der
gesamte Text und vor allem die Spannung. Und die Spannung ist der Knackpunkt. Ein guter Kriminalroman
muss spannend sein, das gehört zum Krimi, wie Salz in eine Suppe.
Spannung ist das Salz in der Suppe, sagen Sie. Auf was legen Sie bei Ihren Romanen besonderes Augenmerk?
Wie ich bereits sagte, ist die Spannung in meinen Geschichten für mich ein
wesentliches Element. Sicherlich gehören auch die richtigen Personen in einen Roman, Dialoge
müssen die Handlung vorantreiben und der Plot, das heißt der Handlungsverlauf muss plausibel und
undurchsichtig sein, aber ohne Spannung zerfällt das ganze Gerüst und
die Geschichte bleibt eben nur eine Geschichte und keine spannende und ergreifende Erzählung.
In einem Presseartikel wurden Sie einmal als Unterhaltungshandwerker bezeichnet.
Stört Sie das oder ist das genau die Position, in der Sie sich selbst sehen?
Ich glaube sogar, der Begriff stammt von mir. Schreiben
ist eine Mischung aus Talent, Gestaltungsfähigkeit, Sprachvermögen
und - es mag Ihnen langweilig erscheinen - Spannung. Und, ist das Talent
vorhanden, hält man durch, eine Geschichte über ein paar hundert Seiten zu
erzählen, dann benötigt man zwingend noch das Handwerk des Schreibens. Wie
gestalte ich das Werk, welche Worte wähle ich, Wiederholungen vermeiden, Handlung
vorantreiben, Dialoge einfügen, das ist reines Handwerk. Manchmal sehe ich mich wie
ein Bildhauer. Vor mir liegt ein grober Klotz, der jetzt richtig behauen und
geschliffen werden muss, damit am Ende etwas Vernünftiges herauskommt.
Zwei Kriminalromane, "Der Tod kommt in Schwarz-Lila" und "Die Wiege des Windes" sind bislang
erschienen. Der Erstling, "Der Tod kommt in Schwarz-Lila" spielt im Jahr 2000, "Die Wiege des Windes" erschien
als zweiter Roman der Trevisan-Serie, handelt aber im Jahr 1997. War er eigentlich die Nummer eins und
erschien als zweiter, weil er die Verlage nicht überzeugen könnte?
Nein, auf keinen Fall. Schwarz-Lila war mein erster Trevisan-Roman, den ich
geschrieben habe und der einem Verlag angeboten wurde. Er erhielt relativ gute
Kritiken, so dass ein zweiter folgte. Die Wiege des Windes wurde nach Schwarz-Lila
geschrieben. Die Idee dazu bekam ich auf einer Kutterfahrt über die Nordsee.
Handlungshintergrund in der "Wiege" ist das Robbensterben in der Nordsee. Aus
diesem Grund wurde die Handlung in das Jahr 1997/1998 gelegt. Ich finde es
unerheblich, ob eine Seriengeschichte am Anfang, in der Mitte oder am Ende
startet. Wenn der Autor seine Hausaufgaben gemacht hat, dann findet eine
kontinuierliche Entwicklung der Figuren in alle Richtungen statt, auch in die Vergangenheit
In diesem Jahr ist ein Kurzgeschichtenband erschienen, der verschiedene Trevisan-Geschichten
beinhaltet. Auch von anderen Ermittlern wird erzählt. Am Ende dieses Bandes steht eine sehr schöne
Horrorgeschichte. Warum ist dieser Band erschienen? Einige der Geschichten wurden doch bereits veröffentlicht.
Das Krimilesebuch "Trevisan und der Tote am Kai" enthält zum Teil Geschichten, die tatsächlich
bereits in anderen Anthologien abgedruckt waren, es sind jedoch auch Geschichten darin, die neu und
unveröffentlicht sind. Djevolo, die Horrorstory, ist lediglich als Hörbuch im Ascolto-Verlag erschienen.
Es war mir ein Anliegen, einmal alle Geschichten, die ich bislang schrieb, in einem einzigen Buch zu
vereinen. Irgendwie hat man als Autor das Gefühl, endlich alles richtig aufgeräumt zu haben.
Ich verstehe. Gibt es einen neuen Trevisan?
Natürlich. Er ist bereits geschrieben. Der Krimi "Das Haus in den Dünen" wird im
Frühjahr des nächsten Jahres erscheinen. Er spielt nach der Schwarz-Lila- Geschichte, im
Herbst 2000 und ist hoffentlich ähnlich fesselnd wie die beiden anderen Bücher. Was danach
kommt, wird man sehen.
Welche Projekte stehen noch bei Ihnen an?
In nächster Zeit wird im Ascolto-Hörbuchverlag eine
schöne Geschichte abseits vom Krimi erscheinen. Eine Kindergeschichte, die nicht
nur für Kinder geeignet ist. Sie heißt Ihla, der Andromedabaum und hat sehr viel
Tiefgang. Außerdem wird im nächsten Frühjahr ein Thriller aus meiner Feder im Bertelsmann-Verlag
veröffentlicht. Der Thriller "Die dritte Ebene" ist ein Schritt hinaus in die Welt. Ehrlich gesagt, in
zweifacher Hinsicht. Zum einen, weil das Buch in der ganzen Welt spielt, zum anderen, weil die Story
auch für mich eine andere Ebene darstellt und sich durchaus für eine internationale Veröffentlichung eignet.
Heißt das, mit Trevisan ist Schluss?
Nein, natürlich nicht. Trevisan ist mir ans Herz gewachsen und wird
weiterermitteln. Aber die Thriller sind etas ganz anderes. Es ist eine sehr offene und
interessante Abwechslung. Man ist nicht an Personen gebunden und kann freier agieren.
Außerdem geht es im Thriller meist um mehr, als in einem Krimi.
Um mehr?
Wir Deutschen Autoren haben es geschafft, uns wirklich auch klein zu halten.
Unsere Krimis werden meist einer bestimmten Region zugeschlagen, gelten dann als Regio-Krimis mit
besonderes heimliger Atmosphäre. Ein Mord, eine Leiche, vielleicht auch noch ein Serienmörder,
aber selten steht mehr auf dem Spiel - und wenn, dann kommt es nicht glaubhaft rüber. Nehmen wir
einmal an, ein Mann droht der Welt mit einer Atombombe. Wenn dieser Mann in New York lebt, dann
glaubt der Leser das. Lebt dieser Mann in Königshofen, Tauberbischofsheim oder Mannheim, dann
klingt die Story von Beginn an bereits konstruiert. Ich selbst wehre mich dagegen, Regiokrimis
zu schreiben. Meine Trevisan-Krimis sind Romane mit einem Handlungsort. Aber dennoch ist dieses
Phänomen nicht zu ignorieren. Im Thriller steht meist mehr auf dem Spiel, als die Überführung
eines Mörders. Die Welt muss gerettet werden - und das ist derzeit noch hauptsächlich den
amerikanischen Autoren vorbehalten. Erst nach Frank Schätzings Schwarm, nimmt man auch den
deutschen Autor auf dem Sektor "Thriller" überhaupt wahr.
Um was geht es in Ihrem Thriller?
Es geht um Stürme, um den Beginn der Klimakatastrophe. Hurrikans suchen die USA
heim und verwüsten weite Teile des Landes. Unerklärliche Phänomene kosten vielen
Menschen das Leben. Schiffe versinken, Monsterwellen rasen über das Meer und zerstören
Küstenlandstriche. Und hinter all dem steckt …, aber das wird noch nicht verraten. Es mag
jetzt wie Werbung klingen, aber ich glaube, "Die dritte Ebene" ist das Beste, was ich bislang
geschrieben habe. Und ich bin überzeugt, dass dieses Buch wahrgenommen wird.
Hat es eine Botschaft?
Ich bilde mir ein, dass alle meine Bücher eine Botschaft haben. Sei es, das "Verstehen eines
Serienmörders" oder die Situation der Polizeibeamten. Nur gehe
ich mit dieser Botschaft nicht hausieren und erhebe auch keinen Zeigefinger.
Der Leser soll selbst das aus den Büchern mitnehmen, was ihm wichtig erscheint.
Woran arbeiten Sie zurzeit?
Derzeit arbeite ich an einem Thriller, der im Kirchenmilieu oder besser gesagt
im Archäologenmilieu angesiedelt ist. Es geht um Ausgrabungsarbeiten in Jerusalem.
Das Stück trägt den Arbeitstitel "Der 13. Apostel" und könnte der Dritten Ebene
nachfolgen, sofern der Roman ein Erfolg wird. Ich mache keinen Hehl daraus, das Buchgeschäft
ist im Prinzip ein Geschäft wie jedes andere auch. Es ist auf Gewinn orientiert. Hat der
Autor Erfolg, dann wird er auch ein weiteres Buch veröffentlichen dürfen. Bleibt das Buch
in den Regalen liegen, dann will man auch kein zweites Manuskript des Autors veröffentlichen.
Also schreibe ich weiter und warte ab, was in naher Zukunft passieren wird.
Werden Sie weiterhin bei der Polizei arbeiten oder wollen Sie sich bald ausschließlich der Autorentätigkeit widmen?
Das Schreiben und meine Polizeiarbeit lassen sich zeitlich sehr gut
miteinander vereinbaren. Ich arbeite im Schichtdienst und schreibe in meinen
Freischichten. Daran soll sich auch nichts ändern. Alles andere wird man sehen
und entscheiden, wenn es soweit ist. Niemand sollte das Fell des Bären verkaufen, ehe er erlegt ist.
Vielen Dank, Herr Hefner, für die offenen Worte. Ich wünsche Ihnen Erfolg
bei Ihrer Arbeit und freue mich bereits auf Ihre neuen Romane.
Ich bedanke mich zuerst bei allen treuen Fans und Lesern, die es mir ermöglichen weiterhin zu schreiben
und hoffe, dass ich sie weiterhin
gut unterhalten kann. Außerdem bedanke ich mich bei Ihnen, für Ihre Geduld.
B. Nader, buch und me(h)r
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